Früher war doch alles leichter

Es tut mir leid, wenn ich schon wieder mit Themenpark-Podcasts nerve. Aber aktuell verbinde ich meine Freude an Attraktionsdesign mit der täglichen Brise Bildung in Business-Know-How.

Ich hatte mich immer gefragt, wie es Disney 1955 geschafft hat, in exakt einem(!) Jahr für 17 Millionen Dollar einen solchen Freizeitpark zu konstruieren. Zum Vergleich: Disneyland Paris benötigte zum Bau 4 Jahre und kostete rund 4 Milliarden (!) Euro. Klar: Inflation und alles – aber trotzdem: Der Vergleich ist enorm. Wie schafft man das? Schon oft hatte ich den Eindruck: Früher ging doch alles schneller, oder? Und mit früher meine ich auch: Als ich jung war. Projekte entstanden ohne groß nachzudenken quasi an einem Wochenende. Wieso klappt das später nur mehr so schlecht? Wieso sind wir so uneffizient?

Fündig geworden bin ich zu dem Thema nun bei Bob Gurr, einem bekannten Attraktions-Designer.

(Photo Courtesy of The Bob Gurr Collection)

Bob ist ein einziges Rätsel. Ein unfassbar charismatischer, lustiger Typ. Baujahr 1931. Er hat mit seinen Kollegen und Walt gemeinsam den Themenpark aufgebaut. Seine Vita ist unglaublich: Eigentlich hatte er keinen blassen Dunst vom Fahrzeugbau, war nicht mal Ingenieur sondern „Car-Stylist“ – und doch hat er für Walt Disney nahezu alle wichtigen Fahrzeugtypen entworfen, die in dem Park fahren und die heute die komplette Themenpark-Industrie beherrschen. Er entwickelte auch einige der unfassbarsten Shows, die damals häufig als unmachbar galten – so z.B. die legendäre (ursprüngliche) King-Kong-Attraktion in Hollywood oder das (ursprüngliche) Spektakel beim Treasure-Island-Hotel in Las Vegas. Er machte Jurrassic Park für Steven Spielberg. Und Godzilla.

Er ersann in den 60ern gemeinsam mit WED Enterprises den Omnimover, ein Fortbewegungsmittel für Darkrides, das heute aus keinem Freizeitpark mehr wegzudenken ist und bis heute quasi in fast jeder wichtigen Disney-Themenfahrt eingesetzt wird. Er war verantwortlich für den ersten lebensechten Audio-Animatronic. Er baute die Oldtimer-Wägen, die heute in jeder Main Street herumfahren.

Er entwickelte die erste Stahlachterbahn (das Matterhorn, noch dazu in und um einen künstlichen Berg!), die erste Unterwasser-Attraktion und die erste täglich betriebene Monorail. Ach ja: Und das alles in 9 Monaten. Gleichzeitig. Das muss man sich mal vor Augen halten: In Deutschland versuchte damals Experten seit Jahrzehnten eine Monorail in den Tagesbetrieb zu überführen – und der Typ zeichnet in 10 Minuten eine Skizze des Designs, verkleidet ein paar Chassis, geht unter Entsetzensschreie der Deutschen einfach in den Betrieb über und schafft damit eine der zeitlosesten Monorails aller Zeiten.

Wohlgemerkt: Das alles noch in den 50er Jahren.

Wie hat das jemals funktionieren können? In diesem Podcast verrät es Bob. Eigentlich nichts unerwartetes: Die Welt war weniger kompliziert, weniger reglementiert, es gab keinerlei Meetings, man hat einfach gemacht und beim Machen gelernt und -das fand ich dann doch überraschend- Walt hatte die Produkte ohne mit der Wimper zu zucken auch in unperfektem Zustand gelauncht und sie im Betrieb verbessert. Quasi als open-Beta-Konzept.

So oder so – die Geschichten des mittlerweile 84-Jährigen sind hörenswert, zumal es auch immer wieder was zu lachen gibt. Ein wenig Vorkenntnisse der Parks sind vermutlich hilfreich:

Teil 1 (das ist glaub ich der entscheidende zum Thema, auch wenn Bob da nur mit dem Telefon anruft)
Teil 2 / Teil 3 / Teil 4 / Teil 5 (von: The SeasonPassPodcast.com)

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