Carsharing im Test – Mit DriveNow durch den Regen

DriveNow ist ein Klassiker in München – die meist dunklen Minis und 1er BMWs düsen schon seit einiger Zeit durch die Stadt und das System gilt als bewährt. Leider hat man sich vor einiger Zeit auch dazu entschieden, dass bis dahin verständliche Abbuchungs-System durch ein etwas tückisches Prepaid-System zu erweitern: Man zahlt im voraus Guthaben ein und kann dafür bereits für rund 24 cent die Minute fahren. Der Clou: Das Guthaben verfällt bereits nach nur 30 Tagen ersatzlos.

Für mich ist damit nur der Flex-Tarif relevant – der mit 31 bis 34 cent pro Minute deutlich teurer ist als die Konkurrenz von car2go. Dafür hat DriveNow die zweifelos sympathischere Flotte, mit der man auch mal eine kleine Familie kutschieren kann. Ebenfalls attraktiv: DriveNow-Autos kann man auch am Münchenr Flughafen abstellen und abholen. Kostet zwar extra, ist aber ggf. trotzdem attraktiver als ein Mietwagen.

Wie funktioniert’s?

Im Prinzip ganz genauso wie car2go. Praktisches Beispiel gab’s bei mir natürlich auch. Nach einem kurzen Radausflug bei der Verwandtschaft sitze ich in diesem –ach so tollen- Sommer mal wieder durch einen Platzregen in Thalkirchen fest. Die Rückreise nach Hause mit dem Bus ist möglich – aber wegen Umsteigerei und fehlendem IsarCard-Abo ist die kurze Strecke in einem DriveNow-Mini schneller und trotzdem etwa genauso teuer. Zudem steht der Wagen rund 15 Meter entfernt von meiner Position.

Die Nutzung gestaltet sich problemlos. Der PIN wird auch akzeptiert. Bei der Fahrt will der gute „Achim“ gerne getankt werden. Blöderweise ist die nächste Esso- oder Shell-Tanke, die für DriveNow zuständig sind, ewig entfernt. Also fahre ich mit dem letzten Tropfen bis vor meine Haustür und überlasse das Tanken anderen. Parkplatz ist dank Mini-Größe kein Problem. Auch das Fahren gestaltet sich intuitiv und problemlos. Um’s Licht kümmere ich mich dank Sensor gar nicht, die Einparkhilfe stellt sicher, dass ich mich auch nicht erst an die Maße des Minis gewöhnen muss. Nach weniger als 10 Minuten bin ich zu Hause vor der Haustür und für mich der Beweis, dass Carsharing durchaus Sinn machen kann.

Ein Vorteil von DriveNow: Fahrten mit dem Bikesharer „Nextbike“ sind für DriveNow-Kunden für 30 Minuten pro Tag kostenlos. Eigentlich ne fantastische Sache, wäre Nextbike nicht stationsgebunden. Für mich damit uninteressant: Die nächste Nextbike-Station ist ganze 3 Kilometer von mir entfernt…

Weiterer Pluspunkt: Man kann mit DriveNow Überlandfahrten machen. Eine Fahrt von München nach Düsseldorf ist also möglich. Relevant ist nur, dass man das Auto wieder in einem Geschäftsgebiet von DriveNow abstellt.

Ein Schritt in die richtige Richtung sind für mich die Stundenpakete bei DriveNow: So kann ich das Auto zum Preis von 64 Euro für 9 Stunden mieten. Das ist teurer als die 59 Euro/24 Stunden bei car2go, aber immerhin sind bei DriveNow 200 Kilometer bereits inklusive. Das reicht distanzmäßig für einen kleinen Wochenendausflug in die Berge. Blöd nur, dass die 9-Stunden das längste Paket ist, denn eine Bergwanderung kann ohne Probleme eben auch mal länger dauern als geplant. Und wieviel Spaß macht ein Ausflug dann noch, wenn man weiß, dass aktuell im Auto die „Aufpreisbombe tickt“? So fehlt hier weiterhin eine Planungssicherheit (ob man Stundenpakete im voraus addieren kann, weiß ich allerdings nicht).

Summa summarum:

Ich kann die Carsharing-Angebote in München ja nicht ganz verstehen… Der öffentliche Nahverkehr in München zählt für mich zu den Besten weltweit. Man ist erstaunlich schnell überall in der Stadt und kann –von den Nachtstunden abgesehen, aber da sind die meisten Städte vergleichbar- praktisch problemlos überall hin. Auch preislich ist der MVV absolut in Ordnung.

Kurz: Es gibt eigentlich keinen so richtig 100%-triftigen Grund, innerhalb der Stadt ein Auto zu fahren – bestenfalls noch bei größeren Einkäufen oder mit mehreren Mitfahrern, wo zumindest die Minis von Drive-Now und vor allem die Smarts von car2go sinnlos sind. Die Angst der Stadt München, mit den vielen Carsharing-Angeboten hier würde sich der Verkehr von der Schiene auf die Straßen verlagern, halte ich insofern unbegründet.

So gut wie München innerhalb der Stadt funktioniert, so schlecht funktioniert die Versorgung aber außerhalb. Der Großraum ist geprägt von Ausflugszielen außerhalb der Stadt. Praktisch jeder Münchner, der ein wenig Natur oder Ruhe genießen möchte, verlässt die Stadt am Wochenende. Berge, Schlößer und die zahlreichen Seen sind hier die größten Magnetpunkte.

Und genau dort ist die Anbindung mittels öffentlichem Nahverkehr eben schlecht: Zugstrecken gibt es nun mal nicht in jede Bergregion und man kann auch nicht erwarten, dass jeder See von einer S-Bahn angeschlossen, geschweige denn umrundet wird. Jeder, der mal versucht hat, in der bayerischen Landregion mit dem Zug Ziele zu erreichen, kann davon ein Liedchen singen. Kurz: Das Auto in Bayern ist Verkehrsmittel, um dorthin zu kommen, wo man eben nicht mit dem ÖNV hinkommt. Von Aktionen wie Skifahren oder Rodeln mit dem Zug will ich garnicht erst sprechen – das machen eh nur die ganz Hartgesottenen.

Genau diese Möglichkeiten verbauen Carsharer leider weiterhin. Natürlich ist mir klar, dass ein Stadtgebiet-Konzept wie bei car2go und Drive-Now davon lebt, dass Autos in hochfrequentierter Menge und dauerhaft gefahren werden.

Ich kann mir aber einfach nicht vorstellen, dass man nicht attraktivere Modelle für das „Abstellen von Autos“ über einen längeren Zeitraum entwickeln kann. Es kann einfach nicht sein, dass ich für ein ausserhalb des Stadtgebiet geparktes Auto im schlimmsten Fall 100 Euro Parkgebühr hinblättere.

Oder anders gesagt: Zu dem Zeitpunkt, wo Carsharing-Modell neben Stadtfahrten vor allen Dingen auch auf Ausflugsfahrten endlich reagieren, wird die Sache richtig spannend. Denn dann gibt es tatsächlich immer weniger Gründe für ein eigenes Auto. Vielleicht macht zukünftig auch eine Kombination aus mehreren Anbietern Sinn: CiteeCar ist beispielsweise heute in München als siebter Carsharing-Anbieter gestartet (wenn man ZebraMobil noch mitzählt) und verlangt 20ct pro Kilometer (und vernachlässigbare 1 €/h). Der Anbieter ist damit deutlich attraktiver für Fahrten, wo man das Auto auch mal länger stehen lassen möchte. Es bleibt spannend!

Update: Zur Richtigstellung – DriveNow hat mich darauf hingewiesen, dass die städteübergreifende Fahrt bislang ausschließlich von Köln nach Düsseldorf erlaubt ist. Danke für den Hinweis!

[Wer sich bei DriveNow für vergünstigte 9.98 € inklusive 15 Bonusminuten anmelden möchte, kann sich über mich werben lassen. Angabe von E-Mail und Handynummer ist Pflicht.]

0 Gedanken zu “Carsharing im Test – Mit DriveNow durch den Regen”

  1. Dein Fazit deckt sich mit meinem. Allerdings muss man der Fairness halber sagen, dass Stattauto attraktive Konditionen für die Wochenendbergtour hat. Und da man selbige sowieso plant stört die feste Station wahrscheinlich nicht so. Auch der Kurzurlaub an den Gardasee geht faktisch nur mit Stattauto. Bei DriveNow kommt noch besonders nervig dazu, dass man Deutschland nicht verlassen kann- Bergwanderung in Österreich ist somit nicht mgl.

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