Domina, Elefantenarsch und ein Glas Urin

Höre mir gerade einen Podcast zu „Trapped: Locked & Key“ an. Es handelt sich dabei um einen Horror-Walkthrough auf Knott’s Berry Farm. Es ist wirklich schwer, Informationen darüber zu finden, denn das Filmen ist streng verboten und Fotos gibt es auch kaum. Auch die meisten Reviewer halten sich bedeckt und geben nur die Info, dass es ganz schön „edgy“ und „adult“ sein soll. Angesichts der Tatsache, dass Knott’s ja schon ein Familien-Themenpark ist, noch dazu ja auch kein kleiner, bin ich vom Inhalt in der Saison 2014 doch überrascht. Zugegeben: Die „Knott’s Scary Farm“, wie das Event über Halloween heißt, richtet sich schon speziell an erwachsene Besucher, auch wenn im Podcast klar wird, dass Familien da auch mit ihren Kindern rein gingen (und man dabei einige Angst-Urin-Probleme zu managen hatte). Der Podcast ist bislang jedenfalls die einzige Möglichkeit, um wirklich tiefgreifende Infos darüber zu kriegen.

Um was geht’s?

Man könnte die Attraktion als eine Mischung aus Horror-House und Live-Escape-Game beschreiben: Man muss sich als Gruppe durch eine Reihe an Räumen arbeiten oder rätseln, um zu entkommen. Dabei passiert allerlei… merkwürdiges. Erklärtes Ziel war: Die Leute unter Streß zu setzen.

Ich hatte etwas horrorartiges erwartet, etwas vielleicht im SAW-Stil, mit Zeitdruck oder etwas albtraumhaftes, etwas mit Thrill und etwas, dass dem Mainstream-Publikum in Knott’s noch halbwegs gerecht wird. Was ich dann hörte polarisiert mich ein wenig – man sieht im Podcast zwar nichts, aber man kann die Attraktion mithören.

So gibt es Sachen, die mich wenig überzeugen. Gleich zu Beginn zieht sich die Einweiserin ein Dominatrix-Kostüm an und man muss um drei Schlüssel betteln, die man für spätere Räume braucht. Hin und wieder werden Besucher auch mit Klebeband geknebelt. Während ich absolut nichts gegen SM habe, die Idee für Escape-Games sogar eigentlich ganz gut finde wenn man sie in einen guten Kontext bindet, muss man aber auch sehen, dass so eine Sache ein gewisses Vorspiel braucht. Ist das Mindset der Gruppe nicht darauf eingestimmt, wirkt es in meinen Augen schnell gezwungen. Man muss sich in der Gruppe auch verpflichtend spanken lassen. Gleich zu Beginn sowas? Schwierig. Irgendwie habe ich mehr das Gefühl, man wollte auf die 50 Shades of Grey-Schiene aufspringen (Jeff Tucker von Knott’s gibt das in der offiziellen Vorstellung von Trapped hier bei Minute 30 auch zu). Warum das Stress erzeugen soll, erschließt sich mir nicht ganz.

Vielleicht ist die Sache aber auch spezifisich auf die US-Prüderie abgestimmt: In anderen Räumen muss man mit der Hand im After eines Elefanten herumtasten(?) oder bekommt bei einer medizinischen Augen-OP-Sache einen ordentlichen Schuss Luftdruck in den Schritt gepustet. Finde ich jetzt weder kreativ noch lustig sondern eher demütigend. Aber gut, vielleicht Geschmacksache.

Später gibt es dann eine Hommage an Howard Hughes: In einem Raum sammelt jemand seinen Urin, der dann ausgeschenkt und getrunken werden muss, damit die nächste Tür auf geht. Hin und wieder werden Leute auch unter dem Urinbrunnen geduscht. Ich weiß nicht, ob ich RTL-Reality-TV-Niveau so unterhaltsam finde… Im Podcast verraten die Macher, dass es tatsächlich nur Essig mit ein wenig Apfelsaft war, zeitweise auch mit Salz versetzt. Ekelhaft muss es wohl trotzdem schmecken – so echauffiert man sich dann auch darüber, dass man jeden Tag die Attraktion anhalten musste, weil der Raum so vollgekotzt war und desinfiziert werden musste.

Besucher haben bestätigt, dass das wohl nicht übertrieben war. Für einzelne Besucher war der Tag nach dem Essig-Schock wohl gelaufen und das macht mich dann doch mehr als stutzig, dass man soweit gehen wollte. Einem kleinen Special-Interest-Scare-Event traue ich das ja noch zu – aber einem großen Themen-Park? Wow. Und leider eben trotzdem ziemlich billig.

Dann gibt’s aber auch Sachen, die mir gefallen. Zum einen, ein Escape-Game mit einer ordentliche Menge an Räumen zu kombinieren (es sind glaube ich an die 20). Die regulären Live-Escape-Games leiden ja darunter, dass sie keinen Troughput an Menschen schaffen, weil sie meist nur zwei oder drei Räume haben, aber eine Spielzeit von rund einer Stunde füllen müssen. In Trapped bleibt man in der Regel nicht länger als ein paar Minuten in einem Raum bevor es weiter geht. Das finde ich aus betriebswirtschaftlicher Sicht schon viel spannender. Im Podcast sprechen sie auch davon, wie schlecht die Rotation am Anfang noch lief, weil man die Zeiten völlig falsch eingeschätzt hatte (erstaunlich, dass es wohl kaum Beta-Tests dafür gab, teilweise wirkt das echt dilletantisch).

Die schauspielerischen Leistungen sind (von dem was ich gehört habe) allesamt recht gut und spielen über die inszenatorischen Schwächen gut hinweg. So trifft man als Gruppe auf eine Person, die ihre Handschellen (aus einer andere Szene in „Trapped“) nicht öffnen konnte und damit im „Maze“ hängen blieb. Es ist wirklich nicht klar, ob die Person spielt oder ob es echt jemand ist, der liegen blieb. Man kann sie jedenfalls befreien und sie bedankt sich und verschwindet – nur um im späteren Verlauf in die Story integriert zu werden – und dann ganz SAW-like in einem Käfig eingesperrt noch einmal gerettet werden muss. Ganz zum Schluss muss man sie dann sogar selbst töten, um die letzte Türe zu öffen (und das sogar ziemlich effektiv). Moralisch diskutierbar, aber zumindest wird damit noch ein soziales Dilemma behandelt.

Auch schön: Die Gruppe wird immer wieder mal getrennt. So betritt man ein pinkes Kinderzimmer voller Mädchen-Bilder. Aus dem Schrank kommt ein maskuliner Typ im rosanen TüTü und treibt die Gruppe außeinander: Ein Teil muss sich im Schrank verstecken, ein anderer unter dem Kinderbett. Später entdeckt die Gruppe dort eine Geheimtür im Schrank und einen Durchgang unter dem Bett. Die Gruppe kommt in einem Puzzle-Raum wieder übereinander zusammen und können sich durch ein Gitter sehen. Dort ist dann gemeinsames Rätsel-Lösen gefragt, um die nächste Tür zu öffnen. Nette Ideen, die mir in herkömmlichen Exit-Games oder Horror-Mazes noch viel zu wenig eingesetzt werden.

Achja, und ganz zum Schluß wird die ganze Truppe in einem Folter-Raum an Galgen gehängt – wirklich. Gut, die Idee finde ich wirklich nett und scheint einige Leute wirklich fertig gemacht zu haben (und ja, es gibt ein Safeword). Mehr Details kann man sich in einem 4-stündigen (!) Walkthrough-Podcast mit den Machern anhören.

0 Gedanken zu “Domina, Elefantenarsch und ein Glas Urin”

  1. Also alles in allem wie im richtigen Leben, stimmts, Elefantengirl?*nickt*
    Macht einen schon nachdenklich. Die Unterhaltung geht doch immer seltsamere Wege. Ist das Geld wert?Vielleicht ist das eine lektion. Man sollte sein Leben wie einen Themenpark gestalten. So schwer ist das nicht.

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