Wochenend-Alltag

Wenn man in der Arbeit statt einem normalen Maximum von zwei bis drei Projekten mehr als das doppelte zu managen hat, ist das generell schon kein Zuckerschlecken. In letzter Zeit war der Überblicks-Overload jedenfalls so enorm, dass ich eh nur noch auf das Wegparalyisieren von Input schalten konnte. Dass das mittelfristig auf die Gesundheit geht, ist offensichtlich. Am Freitag war spontaner Schüttelfrost bei der Arbeit generell kein so gutes Zeichen. Und da meine Burnout-Vorsymptome in den letzten Tagen äußerst heftig waren, ist es nur selbstverständlich, dass man die Freizeit eigentlich mit schönen Dingen zum Ausgleich füllen will.

Und eigentlich hatte ich mir dieses Wochenende wirklich nur ganz wenige und entspannende Dinge vorgenommen: Das übliche Abarbeiten von privaten E-Mails und Nachrichten der letzten Woche, das Bezahlen einiger Rechnungen, ein paar Kündigungen, ein paar Behördendokumente, Steuererklärungs-Nachbearbeitungssachen, der wöchentliche Haushaltskram wie Wäsche und Geschirr. Außerdem musste ich dringend drei PostIdents verschicken, meine längst überfällige DriveNow-ID abholen und zwei Gutscheine in der Innenstadt einlösen. Dazu kommt noch BastiTours-Kram für eine größe Gruppen-Exkursion, die ich im Februar plane. Am Abend steht eine Party einer guten Freundin an – zum Runterkommen.

In meiner Planung ist das also ein relativ relaxtes Wochenende, das hoffentlich die Krankheitssymptome vom Freitag schnell wieder verschwinden lassen. Wie sieht der Wochenend-Verlauf also nun in der Praxis aus?

Zunächst geht es mit dem Deutschen Entwicklerpreis 2012 los. Eigentlich eine Pflichtveranstaltung für Games-Entwickler, auf der man sich jedes Jahr im Dezember in Düsseldorf zum Get-Together trifft. Erste Enttäuschung: Unsere Webseite Adventure-Treff.de wird nicht wie die Jahre davor akkreditiert, und das obwohl ich über Jahre hinweg und mit dem Treff als einzige Webseite live von dem Preis berichtet habe. Schade! Der zweite Weg über die Nominierung geht ebenfalls in die Hose: Obwohl wir (also mein Arbeitgeber) vier Produkte eingereicht haben, schafft es kein einziges davon zur Nominierung – was uns ehrlich gesagt ziemlich wurmt, denn diesmal hätten wir echt ein oder zwei Perlen dabei gehabt, die eine Nominierung verdient hätten. Die dritte Möglichkeit ist die Teilnahme als Akademiemitglied, was ich ja auch noch bin. Oder besser, wohl mal war. Denn beim Entwicklerpreis bin ich dummerweise jetzt einfach aus der Akademie geworfen worden. Das erfahre ich aber auch erst, nachdem ich mich wundere, warum ich über die Nominierungen nicht abstimmen darf. Am Freitag Abend erfahre ich zudem noch, dass ich selbstständig meinen aktuellen Arbeitgeber und Kontaktdaten an den Veranstalter übermitteln muss, um Mitglied zu bleiben. Dass ich das bereits 2011 getan und sogar eine Bestätigung darüber erhalten habe, interessiert wohl nicht weiter. Okay, also kein Akademie-Mitglied mehr. Da der Dresscode ohnehin von einem relaxten Get-Together auf „Dark Suit“ gehoben wurde, vergeht mir die Vorfreude an dieser Tradition jetzt ernsthaft völlig und ich sage ab.

Kurze Zeit später manage ich ein paar der eingegangen „Buchungen“ für die kommende BastiTour. Nächste Impuls-Schock: Mein Hotel-Wholesaler, teilt mir mit, dass die 4er-Zimmer, die ich reserviert habe, ab sofort keine 4er Zimmer mehr sind und einfach mal zwei Leute pro Zimmer storniert werden. Die Nachricht freut einen besonders, wenn man weiß, dass Flüge, Transfers und Zusatzleistungen der Leute schon gebucht sind und man zu den Konditionen kein neues Zimmer mehr erhalten wird. Kurz überlege ich, ob ich mich jetzt (so gegen 2 Uhr morgens) mit dem türkischen 24/7-Service über die rechtliche Verbindlichkeit von bereits von mir bezahlten (!) Zimmern streiten soll. Mein Puls sagt mir: Nein, jetzt nicht. Ich bastele mir eine neue Lösung, um die Hotline soweit zu umgehen, mir die 4er Zimmer über einen Trick wieder selbst zu den ursprünglichen Konditionen zurück zu buchen. Da ich das aber erst bei der Finalisierung der Zimmerkontigente machen kann, wird ab sofort jede Buchung eines Gesamtpakets zu einem reinen schweißtreibenden Glücksspiel. Ja, so sieht meine Freizeit aus!

Kurzes Schläfchen.

Am nächsten Morgen mach ich erst mal den üblichen Bürokram weg. Bude säubern. Wäsche. Abwachs. Der übliche Wochenend-Kram halt. Da ich unbedingt noch die PostIdents, die Gutscheine und das DriveNow abhaken muss, es aber schon nach 14 Uhr ist, beschließe ich, die Postfiliale am Hauptbahnhof aufzusuchen, die bis 16 Uhr geöffnet ist. Auf dem U-Bahnhof bemerke ich, dass ich mein Monatsticket verloren habe. Zähneknirschend zwicke ich mir also eine Einzelfahrt am Automaten.

65 Minuten später habe ich endlich die postfilialtypische Samstags-Warteschlange bezwungen und lege meine drei PostIdents und den Ausweis vor. Nach einer gefühlten Ewigkeit und nachdem ich den Postmitarbeiter überzeugt habe, dass das da wirklich ich auf dem Ausweis bin, erhalte ich das Dokument zur Identitäsfeststellung ausgehändigt. Und dann passiert das, was ich bei jedem PostIdent erlebe: Meine Unterschrift wird angezweifelt. Ich soll’s nochmal probieren…. Ergebnis: Nein, der Sebstian Grünwald, das bin ich wohl nicht. Denn ich kann ja seine Unterschrift nicht. Mein Argument, dass sich meine Unterschrift als 23-jährige möglicherweise von der eines über 30-jährigen leicht unterscheiden kann, zieht nicht. Konsequenz: Ich soll bitte ab sofort kein PostIdent mehr bei der deutschen Post machen.

Mittlerweile bin ich überzeugt: Hätte ich meine Unterschrift demonstrativ vor dem Postmitarbeiter durchgepaust, hät’s geklappt. Dass diese Sachen für mich dringends weg müssen, es gar keine alternative Feststellungsmethode für mich gibt, ich damit potentiellem Zugriff auf Bankkonten verliere und auch nicht jeden Samstag stundenlang an der nächsten Postfiliale anstehen kann, in der Hoffnung, dort einen „kulanten“ Mitarbeiter zu erwischen, der mich potentiellen Betrüger jetzt noch nicht kennt, interessiert wohl nicht weiter. Also, Besuch und Warterei für die Katz. Ruhig bleiben. Lösung für die Zukunft habe ich aber keine mehr.

Nächste Station: Sixt und DriveNow. Hier heißt es: Warten. Denn die handvoll Personen vor mir scheinen nicht wirklich das zu kriegen, was sie wohl gerne hätten: Ein Auto. Irgendwann ziehen auch die frustriert von dannen und dann bin ich doch noch an der Reihe, um meine ID abzuholen. Aussage von Sixt: Ach, wie dumm! Blöderweise sind ihnen alle DriveNow-RFID-Chips ausgegangen. Die anderen Filialen haben auch keine mehr. Die können von Glück sprechen, dass ich das DriveNow-Auto nicht gleich heute brauche. Die nächste Warterei für die Katz. Hey, aber vielleicht hätte eine Sixt-Filiale am anderen Ende der Stadt noch DriveNow-Chips.

Also die nächste Einzelfahrt gezwickt und weiterhin erfolglos ans andere Ende der Stadt gefahren. Zwischendurch mache ich aber doch noch bei Douglas halt, um meinen ablaufenden Gutschein zu verprassen. Blöderweise vergessen: Samstag. Kaufingerstraße. Vorweihnachtszeit. Keine gute Idee! Ich hasse Shopping ja schon generell und bei vollen Läden krieg ich Panik. Duftgeschäfte sind dabei für mich fast ebenso entsetzliche wie Bekleidungsboutiquen. Bevor ich mir das nächstbeste Produkt in der Gutscheinpreis-Klasse greife, werde ich noch vom Douglas-Mitarbeiter zur Sau gemacht. Ich hatte aus Versehen ein Deo anstatt den Dufttester auf den Teststreifen gesprüht. Bei der Kasse erlebe ich noch, dass mir Restguthaben des Gutscheins ohnehin ausgezahlt wird. Beim nächsten Mal nehm ich mir also nur das 95ct Produkt mit und behalte die Kohle. Nur Bares ist Wahres. Der Gutschein für Kaufhof hat noch ein paar Wochen, wird aufgehoben für später.

Am anderen Ende der Stadt erhalte ich tatsächlich noch einen Chip. Während ich am Tresen stehe kommt der Schweißausbruch zurück. Na, danke! Zurück zur S-Bahn stelle ich fest, dass diese nicht fährt. Ich mache mich also in einem 30-minütigen Fußmarsch auf dem Weg zur nächstbesten Alternative (und reiße mir dabei durch ein beknacktes Schuhwerk (okay, eigentlich durch meine Fußergnomomie) die Ferse beim Gehen auf). 3 Stunden später als geplant mit knurrendem (noch nüchternen) Magen und blutendem rechten Fuß zu Hause angekommen ist der Schüttelfrost wieder da. Hoffentlich ist bald wieder Montag!

Ich beschließe frustriert, die Abendparty gegen ein gesundheitsförderndes warmes Bad einzutauschen. Vielleicht muss ich mir dann wieder Vorwürfe über meine Party-Zuverlässigkeit machen lassen. Ich bin mittlerweile überzeugt, dass ich in den letzten Tagen einiges an meinen Lebensjahren verloren habe. Und da ist mir das dann ehrlich gesagt, dann irgendwann auch egal. Oder?

0 Gedanken zu “Wochenend-Alltag”

  1. Bitte hör auf Toby und Jojo. Das ist es nicht wert das du dich wegen ein paar Gutscheinen und dem ganzen Krempel kaputt machst. Und wenn wir Dir irgendwas abnehmen können, dann sag bescheid.

  2. Ich würd an deiner Stelle so lange und so oft wie möglich das PostIdent machen, bis sie es endlich akzeptieren. Kann ja nicht sein, dass man wegen seiner Unterschrift diskriminiert wird! 😛

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