Ein Abenteuer (mit Video)

„Sagen Sie, wissen Sie wo’s hier zum Auracher Köpferl geht? Wir finden’s einfach nicht.“

Die einzigen Wanderer, die mir letzten Sonntag nachmittag entgegen kamen, waren schier verzweifelt. Der Gipfel, er müsse laut Karte doch hier irgendwo sein, aber man sieht nichts, außer einer großen Steinwand. Wie nur sollten sie auf diesen mystischen, einsamen Berg kommen? Existiert der magische Ort überhaupt?

Auf meiner Wegbeschreibung vom Dullinger steht, dass wir uns zu diesem Zeitpunkt bereits auf einem „schmalen“ Weg befinden müssten, der sich serpentinenartig nach oben schlängelt. Der Weg ist weder schmal, noch serpentinenartig. Eher „batzig“ und langweilig.

Mein kurzweilige Wanderbekanntschaft gibt auf. Ich noch nicht.

Und überhaupt hat es der Dullinger diesmal komplett verbockt. Der angeblich „idyllische Weg an einem Bach“ war nicht so richtig idyllisch. Und den Bach hab ich auch nicht gesehen. Als ich den Fahrweg kreuzte, sollte ich angeblich links abbiegen. Völliger Quatsch, denn der richtige Weg war rechts. Als es dann an einer „Bank“ rechts und geradeaus auf einen kleinen Weg gehen sollte, ging ich rechts und ewig geradeaus, bis ich bereits weit an der Südwest-Seite des Köpferls ankam und die aufgebrachten Wanderer mir entgegenkamen.

Irgendwo sollten hier „rote Punkte“ sein. Immer genau auf die roten Punkte achten, heißt es schelmisch im Text. Aha. Doch mein Blick ergreift nichts. Mich überkommt das Gefühl, dass Dullinger uns vielleicht schlicht foppen wollte. Soll halt nicht jeder dahergelaufene Turnschuhtourist das versteckte Köpferl finden. Links ist rechts, rechts ist links, und geradeaus eigentlich bergauf. Wer weiß das schon. Schließlich entdecke ich links -nicht rechts-, weit oben im Gebüsch, eine weiße Wegmarkierung.

Hm. Weiß! Nicht rot. Dieser Dullinger! Ich versuche es.

Die nächsten Meter kämpfe ich mich fluchend durch einen völlig verwucherten Wald, balanziere über Baumstämme und an Abgründen entlang. Immer wieder denke ich, dass ich an einer der Felsspitzen mein Ziel vielleicht erreicht habe – aber nichts. Kein Gipfelkreuz, nur weitere Kletterpartien und picksende Gebüsche. Ich fluche.

Über mir zieht ein Gewitter auf. Ich hänge gerade an einer Felswand und überlege, wie es weitergehen könnte. Weit entfernt sehe ich wieder die nächste weiße Markierung. Der Wind wird immer ärger. Aber der Weg zurück ist lang und der Gipfel vielleicht gleich um die nächste Felsspitze. Nach einer Ewigkeit dann erscheint plötzlich ein roter Punkt und ein guter Weg. Ich fasse es nicht.

Schließlich komme ich tatsächlich auf besagtem Gipfel an. Ein Gipfelkreuz bestätigt mir, ja, dass ist das Auracher Köpfel. Auf dem Weg, wo ich herkomme, weißt ein Pfeil zurück „Für Geübte“. Ja. Danke. Das hab ich schon gemerkt.

Wäre das Wetter nicht so verdammt bewölkt und windig, wäre der Gipfel jetzt ohne Zweifel ein schöner, ruhiger und entspannender Ort. Der komplexe Anstieg tut da der Dramaturgie keinen Abbruch. Unfassbar: Unter mir spielen ein Eichhörnchen und ein frei laufender Hase (!). Ja, ein bischen märchenhaft und magisch ist es, auf dem Berg, den man nicht findet.

Lange erlaubt mir das windige Wetter nicht, auf dem waldigen Gipfel zu verweilen. Ich blicke mich wieder um und finde weitere rote Punkte. Tatsächlich: Es gibt einen einfachen Weg. Ich wähle ihn für den Abstieg.

Als ich unten wieder an der Kreuzung herauskomme, denke ich mir: Dullinger, das ist doch der mittlere Weg, nicht der rechte! Und dann schaue ich mir meine DAV-Karte und Wegbeschreibung noch einmal genau an. Und dann fällt es mir wie Schuppen von den Augen. Dullinger geht zwar wie ich den Weg W3, allerdings nicht vom Süden sondern vom Norden. Wo natürlich auch ein idyllischer Bach fließt. Die Wegkreuzung führt ihn dann nach links (nicht nach rechts) und der rechte Weg war die Einmündung bereits vor der Bank und das „geradeaus“ sollte wohl den mittleren der drei Wege gleich danach kennzeichnen.

Mensch! Dullinger hat einfach immer recht.

Während sich oben die grauen Wolken verziehen gehe ich leicht beschämt, aber mit einem Pfeifen weiter über die Ruine Hohenwaldeck zurück zum Parkplatz. Schön, wenn einem solche Fehler immerhin zu interessanten Abenteuern verhelfen.

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