Ten Thousand Waves (2010)

Originaltitel: Ten Thousand Waves

Produktionsland: CN/UK 2010

Regie: Isaac Julien

Darsteller: Maggie Cheung, Fagen Gong, Jennifer Lim, Ping Wang, Fu-dong Yang, Tao Zhao

Trailer

Mein cineastisches Jahr 2012 starte ich mit dem wirklich ganz fabelhaften Ten Thousand Waves von Isaac Julien. Ein grundweg aussergewöhnliches Bildwerk monumentaler Eindrücke.

Gezeigt wird ein Asien, das durch den Sturm zwischen Tradition und Postmoderne hin- und hergeworfen wird. Warme Farben des Abendlandes vermischen sich mit Westernflair, fliegende Menschen in wehenden Kleidern erinnern mit ihrer geisterhaften Erscheinung an Klassiker aus „A Chinese Ghost Story“, würden sie nicht -fast schon durchsichtig- durch die Wolkenkratzerschluchten Shanghais gleiten.

In Szene gesetzt wird all dass in minituös ausbalancierten Sequenzen, in welcher der Zuschauer situativ an das Themenfeld der Konflikte herangeführt wird, bis er vom Voyeuristen zum Beteiligten, oder besser gesagt, zum Opfer, wird – im übrigen mein persönlicher Höhepunkt des Films, in dem die Farbe grün, ein bezauberndes, im Nebel versinkendes Flusdeltas und die Frage nach dem, was von der asiatischen Tradition von heute überhaupt noch Realität ist, eine zentrale Rolle spielt und clever aufgelöst wird.

Foto: Filmszene / Quelle

Der Kampf der Traditionen gegen die Moderne ist auch eine Aufarbeitung der (politischen) Vergangenheit, womöglich auch eine Abrechnung. Sie ist auch eine Studie über die eigene Zerissenheit einer propagierter Tugend der Langsamkeit im Strudel der schnelllebigen Arbeitswelt, visualisiert unter anderem durch stetig wachsenden Verkehrschaos, in welchem der Zushauer zu versinken scheint. Am Schluß spielen die Geschichten (die wohl zweifelsohne erzählt werden, sich mir aber nur rudimentär erschlossen) dann auch nur eine untergeordnete Rolle. Der Eindruck zählt und der ist durchaus mannigfaltig und für sich vermutlich schon ein Ausdruck des Information-Overkills der Neuzeit.

Foto: Teil der Installation – Quelle

Für die Präsentation werden neun Leinwände benötigt, die je nach Situation gleichzeitig angesteuert werden. Genau wie das Bild wandert auch Ton und die meist in Dunkelpassagen vorgetragenen poetischen oder philosophischen Gedanken durch den Raum und ergeben somit ein nicht nur multimediales sondern durchweg räumlich-sinnliches Erlebnis, ohne dabei die eigentliche Grundidee aus den Augen zu verlieren.

Großes Kino. Ich bin froh, dass ich heute noch die letzte Vorstellung im Brandhorst mitverfolgen konnte. Ich hab vermutlich im ganzen letzten Filmjahr keinen Filmsaal beeindruckter verlassen als diesen. Jetzt kann 2012 kommen!

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