Ausgelauscht

Ein traurige Nachricht für alle Hörspiel-Fans ereilte uns Ende April: Das Label LAUSCH zieht sich aus dem Bereich der Erwachsenen-Hörspiele zurück. LAUSCH hatte einige der, wie ich finde, beeindruckensten Hörspiele in diesem Segment produziert. Unter anderem die Killer-SciFi-Orgie CAINE und die Gothic-Verschwörungs-Nazi-Gruselgeschichte DIE SCHWARZE SONNE. Warum LAUSCH mit diesen hoch gelobten Hörspielen aufhören, verraten die beiden Geschäftsführer Günter Merlau und Janet Ivana Sunjic in diesem sehr gelungenen Interview. Die Aussagen sind mit Sicherheit für jeden in der Medienbranche interessant:

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Das Hörspiel-Label LAUSCH ist schon ein relativ krasses Label. Ich denke, Günter Merlau und Janet Ivana Sunjic übertreiben im Interview nicht, wenn sie sagen, dass sie sich für das Genre den „Arsch aufgerissen“ haben. Die Geschichten von LAUSCH waren immer überaus komplex. CAINE war eine für Hörspiele völlig neuartige Mischung aus Splatter, Science Fiction, Fäkalsprache und Sexeinlagen – und das hervorragend abgemischt. LAUSCH hat viel mit dem Wort herumexperimentiert. Der gekonnte Einsatz von gleichzeitigen Gedanken-Off-Stimme mit realem Hintergrundgeplapper und einer guten Atmo haben sie meiner Meinung nach perfektioniert.

Bei der SCHWARZEN SONNE wurden zahlreiche reale Charaktere, von Heinrich Himmler über Nikola Tesla bis Allister Crowley in einem Epos über duzende Zeitebenen hinweg verarbeitet, die beim Genuß volle Konzentration verlangt. Auch viele „echte“ Begebenheiten und Theorien, von Jack the Ripper bis zu den Polarexpeditionen der Nazis, werden in einen unfassbar cleveren Gesamtkontext gebettet.

Woanders wären für solche Geschichten zahlreiche Autoren verheizt worden. Guckt man hingegen bei LAUSCH in die Liste, steht Geschäftsführer Merlau mal so ganz nebenbei bei Regie, Musik und Drehbuch drin. Etwas, das man bei der Komplexität von Story und dem Production-Value den verschiedenen Hörspielen nicht zugetraut hätte. Doch auch woanders findet man immer wieder die Finger der LAUSCH-Leute. Guckt man beispielsweise auf der Seite der deutschen Hörspielmesse DieHörspiel, stehen dort wieder die Geschäftsführer. Für Marketing, Presse und Management ist erneut Geschäftsführerin Janet-Ivana Sunjic zuständig (die nebenbei scheinbar auch gleich nochmal Songs einsingt, wenn’s sein muss). Man fragt sich schon echt, wie so ein kleines Team neben einem Premium-Label auch noch eine ganze Messe und soviel Kleinkram nebenbei wuppt.

Respekt dem Team und schade, dass es nicht geklappt hat. Leider ist es einmal mehr der Beleg dafür, dass sich gut sein allein auf dem falschen Markt nicht auszahlt.

Foto & Podcast: LAUSCH

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