Oliver Stone zu Snowden

Hier die Ansprache von Oliver Stone zu seinem neuen Film über Edward Snowden:

Ich kann den Film durchaus empfehlen. Er hält sich relativ exakt an die Vorkommnisse, ohne dabei natürlich auf einige dramaturgische Kniffe, wie übertrieben futuristische Geheimagenten-Sets voller Pizza-Nerds, zu verzichten – vermutlich auch nur, um das Publikum bei dem doch sehr komplexen Fall bei der Stange zu halten. Es spielt am Ende keine Rolle, denn die relevanten Szenen und Ereignisse sind alle da – nur am Ende verabschiedet sich der Film vollends in Hollywood-Kitsch und suggeriert sogar, nahezu fahrlässig, dass die Amerikaner ja jetzt alles wieder in Ordnung gebracht haben. Die stetig mahnenden Worte von Snowden, auch in Zukunft wachsam zu bleiben und dass die Überwachung ungehindert weitergehe, werden so letztlich einem scheinbarem Happy End geopfert, dass dem eigentlichem Anspruch zugegen läuft.

Trotzdem: Wenn der Film auch nur bei einem Teil der Bevölkerung das Bewusstsein für den Fall wieder schärft und einige der relevanten Probleme gespeichert bleiben, ist er es wert und sollte gesehen werden. Einen wirklich großen Thriller darf man sich nicht erwarten, dafür hat ihn die Wahrheit mit der Dokumentation Citizenfour längst überholt und deckt für den Kenner keinerlei neue Sachen auf – wenn man vom Privatleben von Snowden vielleicht mal absieht. Die Szenen bleiben insofern recht dokumentarisch-kammerspielartig, die Dramaturgie durch den langwierigen Prozess, in dem sich die ganze Sache heute noch befindet, sehr sprunghaft. Dass, und die Tatsache, dass der Film auch mit dem kitschigen Ende in den USA keine Chancen haben wird, werden Snowden zu keinem neuen Kinomeisterwerk erheben und vermutlich in der gleichen bedeutungslosen Versenkung verschwinden lassen, wie z.B. die Zuckerberg-Bio „The Social Network“.

Jedoch, und das ist entscheidend: Bei Snowden geht es wirklich um eine relevante Sache und gerade, wenn der Film in hübschen Grafiken das volle Ausmaß der Überwachungen zu illustrieren versucht, spielt er seine Stärke als mahnende Säule gegen das System voll aus – und ist insofern allein schon deswegen Zeitdokument, dass man, und wenn auch nur aus diesem Grund, gesehen haben sollte. Also: Reingehen!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert