Der erste brauchbare #germanwings Bericht…

… in der Presse kommt aus der Schweiz.

Zumindest meiner Meinung nach.

Gibt’s eigentlich noch Leute die den Quatsch glauben, der von namhaften Magazinen repliziert wird? Es ist natürlich möglich, dass sich die Sache so abgespielt hat wie jetzt kommuniziert wird. Aber zweifelsfrei festgestellt kann in meinen Augen da nichts sein.

Und trotzdem titulieren Medienmagazine, dass man den Namen des Co-Piloten nennen müsste, weil man sonst der Presse nicht würdig sei.

Ich sage: Wer als Reporter nicht in der Lage ist, entscheidende Fragen zu stellen und Zweifel auszuräumen, bevor man berichtet, ist der Presse nicht würdig.

Wie konnte die Identität der Beteiligten, besonders des Co-Piloten und des klopfenden Kapitäns zweifelsfrei festgelegt werden? Wer ist der Experte dafür?
Welche Quelle aus dem Militärbereich hatte bestätigt, dass sich nur ein Pilot in der Kabine befand? Wie kann ein Türgeräusch zweifelsfrei feststellen, dass ein Toilettengang statt fand?
Wieso sprach niemand übers Interphone, das ja scheinbar auch außerhalb des Cockpits erreichbar ist?
Wieso erhält die Staatsanwaltschaft die Tonaufzeichnungen so spät?
Wieso sagen die Chefermittler, dass man „Wochen oder Monate“ warten müsse, bis Klarheit herrscht, und pflanzt dann doch einen Fakt in die Presse?
Wer sprach davon, dass der Co-Pilot wegen Depressionen in der Uniklinik Düsseldorf war, während die Klinik selbst das dementiert?
Wie erklären Experten, dass der Flugschreiber keine Memory-Card installiert hatte, als man ihn fand? Wie wahrscheinlich ist es, dass diese aus der immerhin panzergeschützten Ummantelung hops geht?
Wer hat entschieden, dass die Staatsanwaltschaft und nicht wie sonst üblich die unabhängige Ermittlerkommission die Aufklärung des Vorfalls regelt?
Wieso hört man das Klingeln des Emergency Codes nicht, wenn die Geschichte stimmt, so wie sie kolportiert wurde?

Verschwörungstheorien? Ich finde nein – das sind einfach nur Fragen, die zu jeder journalistischen Arbeit dazu gehören. Manche davon mögen dumm sein, aber gestellt werden müssen sie, geglaubt werden darf nichts. Trotzdem tun die Massenmedien das. Früher hat man bei Vermutungen und Gerüchten immerhin noch von „mutmaßlich“ gesprochen. Das ist heute völlig verschwunden.

Antworten müssen her. Egal ob bei Anschlägen in New York und Norwegen, ob bei Amokläufern auf der ganzen Welt, oder bei einem mysteriösen Flugzeugabsturz. Sofort steht fest, es war Mohammed A., Andres B., Tim K., Robert S. oder eben Andreas L. Sofort wandern Foto, vollständige Familiennamen und Wohnort in die Presse – häufig noch am gleichen Tag – unter Mithilfe der Behörden, die das häufig sogar noch forcieren. Eine Geschichte muss her, soviel steht fest. Gleich, sofort. Damit sie ja später nicht mehr in Frage gestellt werden kann. Dabei nimmt es der Journalist heute mit dem Auftrag, die vierte Macht zu sein, hin und wieder nicht so ernst – und repliziert schon auch mal schön alle sinnigen und unsinnigen Meldungen, die man halt so hört. Ich glaube, manchen Journalisten ist nicht mal bewusst, dass wir durch die Verbreitung solcher Lügen schon in Kriege gezogen sind – und wenn’s nach mir ginge, dann gehört diesen Journalisten der Presseausweis entzogen.

Am Ende bleibt es vielleicht allein am Konsumenten hängen: Wenn schlechter Journalismus endlich keine Quote mehr machen würde, kämen wir der Wahrheit womöglich einen Schritt näher. Aber das erreichen wir nur durch gute Bildung und der gesunden Portion kritischen Denkens. Leider sieht es für mich nicht danach aus, dass unsere Erziehungsmethoden da langfristig in diese Richtung gehen werden…

Foto: Aldo Bidini (GNU)

0 Gedanken zu “Der erste brauchbare #germanwings Bericht…”

  1. Ist seriöser Journalismus nicht ohnehin schon fast ausgestorben?
    Es geht doch überwiegend nur mehr darum, möglichst schnell Pressemeldungen wiederzukäuen, um mit Twitter & Co. mithalten zu können oder? „Wahrheit“ hält dabei doch nur auf…

    Und wenn Unglücke nicht „irgendwo“ passieren, sondern mitten in Europa, da will/muss das fliegende Volk doch eilends beruhigt werden – da ist kritisches Denken noch spärlicher vorhanden als normalerweise…

    1. Ja, aber wenn der kritisch-seriöse Journalismus schon ausgestorben ist, dann muss man zumindest dafür sorgen, dass die Kritik darüber nicht so schnell ausstirbt. Zum Schluss vergessen nämlich noch alle, dass es den durchaus mal gab. 😉

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert